Der Bielersee ist Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen und Erholungsraum der Bevölkerung. Die Umsetzung der rechtlichen Vorgaben ist eine Herausforderung. Doch statt auf pauschale Einschränkungen setzt der Kanton Bern auf pragmatische Lösungen. Ziel ist ein fairer Ausgleich: Natur schützen und aufwerten, ohne die traditionelle Freizeitnutzungen unnötig einzuschränken.
Gemeinsam mit den Standortgemeinden, der Region und Schutz- und Nutzorganisationen entwickelt der Kanton tragfähige Massnahmen, die den Schutz der Natur gemäss Vorgaben verbessern und die Erholung am und im Wasser weiterhin ermöglichen. Denn nur mit durchdachten Lösungen bleibt der Bielersee lebendig – für Mensch und Natur.

Ausgangslage
Der Schutz der Naturschutzgebiete «Aaredelta Hagneck» und «Seestrand Lüscherz» ist nicht mehr zeitgemäss: Die Beschlüsse stammen aus den Jahren 1954 und 1972. Die beiden Gebiete haben sich in den letzten Jahrzehnten jedoch stark verändert und gleichzeitig hat der Druck auf die Natur durch Freizeitaktivitäten der Menschen deutlich zugenommen.
Die natürlichen Uferabschnitte des Bielersees bieten Lebensraum für rund 5500 Tier- und Pflanzenarten. Besonders bedeutsam sind Flachwasserzonen, Schilfgürtel, Kiesinseln, Flachmoore, Feuchtwiesen und Auenwälder. Nebst zahlreichen Vogelarten wie z.B. dem Eisvogel und dem Flussregenpfeifer, leben auch Biber, Ringelnatter und Laubfrösche in diesen Gebieten.
Natur wird nicht angemessen geschützt
Zwischen 1992 und 2001 hat der Bund in den beiden Schutzgebieten Biotope von nationaler Bedeutung (Aue, Flachmoor, Wasser- und Zugvogelreservat) definiert. Solche Gebiete müssen besonders geschützt werden. Sie reichen im Hagneckdelta und in der östlichen Bucht (Täuffeler Ried) über den aktuellen Perimeter der Naturschutzgebiete hinaus.
Natur erhalten - wieso eigentlich?
Die Natur bildet die Grundlage des Lebens auf der Erde. Verschiedene Ökosysteme – Wälder, Seen, Flüsse, Wiesen – sind Lebensräume für eine immense Vielfalt an Arten, die zusammen das Gleichgewicht der Natur aufrechterhalten. Wenn Ökosysteme zerstört werden, geraten diese Netzwerke aus dem Gleichgewicht, was zu Artensterben und dem Zusammenbruch wichtiger ökologischer Prozesse führt. Wirtschaft und Gesellschaft hängen von funktionsfähigen Ökosystemen ab.
Was ist geplant?
Naturschutzgebiet «Aaredelta am Bielersee»
Die heutigen zwei Naturschutzgebiete («Seestrand Lüscherz» und «Aaredelta Hagneck») werden zu einem neuen Naturschutzgebiet «Aaredelta am Bielersee» zusammengelegt. Die aktuell zwei Schutzbeschlüsse werden somit durch einen einzigen neuen Schutzbeschluss abgelöst.
Das revidierte Naturschutzgebiet «Aaredelta am Bielersee» weist seeseitig saisonal unterschiedliche Abgrenzungen auf. Die Sommersaison dauert jeweils von 1. Juni bis 30. September. Während dieser Zeit sind in den Zonen A, B1 und B2 bestimmte Freizeitnutzungen gestattet (vgl. Schutzbeschluss).
Das Schutzgebiet schliesst das Mündungsdelta der Aare, die Kiesinsel und die vorgelagerte Seefläche mit ein. Die auf Stufe Mitwirkung vorgeschlagene Lücke im Mündungsbereich wird geschlossen. Östlich des Deltas verläuft die seeseitige Schutzgebietsgrenze im Sommer mit ca. 200 bis 400 Metern Abstand und im Winter mit rund 300 bis 650 Metern Abstand zur Uferlinie. Westlich des Deltas beträgt der Abstand zur Uferlinie im Sommer ca. 100 bis 350 Meter und ca. 300–450 Meter im Winter. Die Seepromenade Lüscherz, ab Beginn des Siedlungsgebiets bis zum Hafen Lüscherz, liegt neu ausserhalb des Schutzgebiets. Das Naturschutzgebiet beginnt somit erst ab dem östlichen Siedlungsrand und schliesst den bestehenden Uferweg und den Uferwald mit ein. Ab dem Zeltlagerplatz der Burgergemeinde Lüscherz beinhaltet es in östliche Richtung den Strandboden, den Fahrweg und den entlang des Hangfusses verlaufenden Entwässerungsgräben, der ein wichtiges Fortpflanzungsgewässer für die Gelbbauchunke ist. Die in der Stufe Mitwirkung vorgeschlagene Lücke zwischen den Schutzgebieten wird geschlossen und das Ufer sowie die Seefläche beim Lagerplatz Lüscherz in das Schutzgebiet integriert. Der Lagerplatz an sich liegt weiterhin ausserhalb des Naturschutzgebiets. Im Mündungsdelta liegt der Bereich des Kraftwerkes ausserhalb des Schutzgebietsperimeters. Östlich des Deltas werden der Unterwasserkanal, die Riedflächen der Täuffeler Bucht der Strandboden Täuffelen, der Fahrweg und die entlang des Hangfusses verlaufenden Entwässerungsgräben sowie die Täuffeler Bucht ins Schutzgebiet integriert.
Im neuen Naturschutzgebiet «Aaredelta am Bielersee» ist das Betreten und Befahren nur noch auf den im Schutzplan gekennzeichneten Wegen erlaubt. Die Möglichkeit zum Baden wird örtlich und zeitlich eingeschränkt. Für das Befahren der Wasserfläche gelten neu im Schutzgebiet ebenfalls zeitliche Einschränkungen und Vorgaben hinsichtlich der erlaubten Spiel- und Sportgeräte.
Freizeit in der Natur
Im Naturschutzgebiet weiterhin möglich:
- Velo fahren (Fahrradrouten Nr. 5 und 8), Wandern, Spazieren mit Hunden (an der Leine), Naturbeobachtung auf den dafür vorgesehenen Wegen.
- Der Wasserweg zwischen Aare und Bielersee kann von Booten, die schwerer als 50 kg sind weiterhin benutzt werden.
- Die Kanuroute Nr. 80 kann ebenfalls weiterhin benutzt werden. Die Route verläuft künftig ausserhalb der Schutzgebietsgrenzen. Vom 1. Juni bis 30. September gelten geringere Abstandsvorschriften.
- Die Bade- und Ankerplätze beim Lagerplatz Lüscherz, westlich der Aaremündung, beim Hafen Täuffelen und vor der Kiesinsel im Delta bleiben bestehen (zeitliche Befristung von 1. Juni bis 30. September in den Zonen A, B1 und B2).
- Das Bräteln und Grillieren ist im Naturschutzgebiet beim Badeplatz «Lagerplatz Lüscherz» weiterhin möglich. Ausserdem bleiben die bestehenden Brätli- und Grillplätze die direkt an das Naturschutzgebiets grenzen, erhalten.
Zugang zum Ufer und zur Flachwasserzone (bis 427 m.ü.M.)
42 Prozent des Bielerseeufers sind nach der Revision zugänglich. 19 Prozent waren bisher geschützt, nun kommen 6 Prozent dazu, auf denen der Zutritt verboten ist. 33 Prozent des Ufers dürfen nicht betreten werden, weil diese Gebiete in Privatbesitz sind.
68 Prozent des Bielerseeufers haben kein Fahrverbot in der Flachwasserzone. 17 Prozent waren bisher geschützt, neu kommen 13 Prozent dazu. 2 Prozent der Flachwasserzone sind aufgrund des Kraftwerks und mehrerer Badis nicht befahrbar.
Was ist die Rolle des Kantons beim Naturschutz?
Der Kanton Bern hat einen gesetzlichen Auftrag. Dieser Auftrag ist in Art. 78 der Bundesverfassung umschrieben: Naturschutz ist primär Sache der Kantone.
Das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) definiert die Rahmenbedingungen auf Bundesebene. Dazu gehört insbesondere der Schutz der Biotope von nationaler Bedeutung (Bundesinventare) mit dem Ziel, dass diese ungeschmälert erhalten bleiben und bestehende Beeinträchtigungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit behoben werden müssen. Die Kantone sind dazu verpflichtet, die Objekte der Bundesinventare grundeigentümerverbindlich zu sichern und ökologisch ausreichende Puffer auszuscheiden. Ebenfalls gemäss NHG sind der Bund und die Kantone dazu verpflichtet, dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten durch Erhaltung genügend grosser Lebensräume und andere geeignete Massnahmen entgegenzuwirken. Weiter sorgen die Kantone für einen schutzzieldienlichen Unterhalt und dafür, dass die touristische Nutzung und die Erholungsnutzung im Einklang mit den Schutzzielen stehen.
Weiteres Vorgehen
- Der Schutzbeschluss gelangt von Montag, 17.11.2025 bis Montag, 22.12.2025 in die öffentliche Auflage. In dieser Zeit liegen die Unterlagen bei den Gemeindeverwaltungen von Lüscherz, Hagneck und Täuffelen-Gerolfingen zur öffentlichen Einsichtnahme auf. Einsprachen und Rechtsverwahrungen können innerhalb der Auflagefrist schriftlich und begründet bei den Gemeindeverwaltungen von Lüscherz, Hagneck oder Täuffelen-Gerolfingen eingereicht werden (Einsprache, Art. 38 NSchG).
- Nach der Veröffentlichung des Auflageverfahrens darf im Schutzgebiet gemäss Planentwurf nichts mehr unternommen werden, was die Schutzziele beeinträchtigen könnte (Art. 37 Abs. 3 NSchG).
- Nach Ablauf der Auflagefrist werden die Einsprachen von der Gemeinde an die Abteilung Naturförderung des Amtes für Landwirtschaft und Natur LANAT weitergeleitet.
- Die Abteilung Naturförderung kann mit den Einsprechern direkt Kontakt aufnehmen und Einspracheverhandlungen durchführen.
- Die Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektion beschliesst über die neuen Schutzbestimmungen.
Was bisher geschah
- 1954: Das Aaredelta Hagneck wird zum Naturschutzgebiet.
- 1959: Der Seestrand Lüscherz wird unter Schutz gestellt und das Naturschutzgebiet 1972 erweitert.
- 1990-er Jahre: Der Bund setzt verschiedene Inventare in Kraft. Dazu gehören die Inventare bei den Wasser- und Zugvogelreservaten (1991), Auen (1992) und Flachmooren (1994).
- 2021: Die Revision beider Schutzgebiete wird koordiniert angegangen. Die vorgesehenen Massnahmen werden mit den betroffenen Grundeigentümern und Gemeinden diskutiert. Daraufhin werden die diskutierten Schutzgebietsperimeter so verkleinert, dass für die Erholungsnutzung interessante Flachwasserbereiche weiterhin zugänglich bleiben.
- 2022: Zu den Entwürfen der Schutzgebietsperimeter sowie der Schutzbeschlüsse nehmen diverse kantonale Amts- und Fachstellen sowie das Bundesamt für Umwelt Stellung.
- 2023/2024: Das Dossier der revidierten Naturschutzgebiete wird in die öffentliche Mitwirkung geschickt.
- 2024: Der Kanton Bern hat den Bericht zur Mitwirkung veröffentlicht. Insgesamt beteiligten sich 122 Personen, Organisationen und Gemeinden an der Mitwirkung.
- 2025: Runder Tisch mit den betroffenen Gemeinden und Organisationen unter der Leitung der Regierungsstatthalterinnen von Nidau und Aarberg. Danach bilaterale Gespräche zwischen der Abteilung Naturförderung und den verschiedenen Interessengruppen, sowie Gemeinden und Burgergemeinden.
Häufige Fragen
Weitere Informationen
Ergänzende Erläuterungen zu den Revisionen der Naturschutzgebiete «Aaredelta Hagneck» und «Seestrand Lüscherz» (Stand: 17. November 2025)
Präsentation Informationsanlass vom 17. November 2025
Naturschutzgebiete Kanton Bern
Ökologische Infrastruktur, Bundesamt für Umwelt BAFU
Flyer Öffentliche Mitwirkung Revision Naturschutzgebiete «Aaredelta Hagneck» und «Seestrand Lüscherz»
Naturschutzgesetz (NSchG)
Gesetz über See- und Flussufer (See- und Flussufergesetz, SFG)
Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG)